Zum Autor Gerd Kommer
Gerd Kommer hat Politikwissenschaft, BWL und VWL studiert, arbeitet im Firmenkundengeschäft einer Bank in London und führt mit seinen Investmentratgebern eine «Aufklärungsmission» gegen die Finanzindustrie. Kommer sieht die Vorteile des Indexing darin, weil man damit langfristig mit höherer Wahrscheinlichkeit in die Gruppe der erfolgreichsten 10% aller Anlegen vorstosse, die Umsetzung dabei risiko-adjustierter und einfacher erfolge als bei konventionellen Anlagen – man investiere mit dem Markt und nicht gegen den Markt. Er verspricht also eine ganze Menge und dazu noch mehr Seelenfrieden als mit jedem anderen Ansatz, weil er wissenschaftlich begründet sei.
Buchkritik und Zusammenfassung
In fünf Kapiteln zeigt der Autor, wie Wertpapiermärkte funktionieren und worin die verhängnisvollsten Anlegefehler bestehen, und wie man sich die überlegene Anlegestrategie des Indexing für sein persönliches Portfolio nutzbar machen kann. Im Wesentlichen geht es beim Investieren mit Indexanlagen um eine radikale Kostenminimierung, um «Buy and Hold» statt Spekulation und um Einfachheit und Sicherheit durch globale Diversifikation.
In seltener Klarheit benennt der Autor Missstände bei unstatthaften Vergleichen, Messfehler und Irrtümer und führt vor Augen, dass die weitaus meisten aktiven Aktien-Anleger mehr als einen Drittel der realen Rendite an die Finanzbranche verschenken. Der Grund ist einfach: Der Versuch, den Markt zu schlagen ist nicht kostenlos, aber langfristig aussichtslos. Die Finanzbranche sträubt sich bis heute, die empirischen Daten zu akzeptieren und ihre Praxis umzustellen.
«Der Wertpapiermarkt hat kein Gedächtnis» (gestrige Kurse bedeuten nichts für die heutigen) und «aktives Management ist ein Glückspiel». Nur: Rendite kommt von Risiko, das Gesamtmarktrisiko lässt sich nicht wegdiversifizieren. Das Portfolio-Risiko lässt sich hingegen durch Diversifikation reduzieren, ohne dass dabei auf Rendite verzichtet werden müsste. Streut man die Anlagen über mindestens fünf wesentliche Asset-Klassen, die eine möglichst geringe Korrelation untereinander aufweisen, erzielt man mehr Stabilität ohne Rendite-Nachteile! Mehr als 90% von Rendite und Risiko sind auf die Asset-Klassen zurückzuführen, folglich sind höchstens 10% auf die konkret ausgewählten Wertpapiere zurückzuführen.
Der Autor sieht sich als Vorkämpfer gegen die «Investmentpornografie»: Die Newsletter von Banken, die Fonds-Rankings der Medien sowie das «Datengeschnatter» des Internets hält der Autor für nutzlos, er sagt sogar: «es gefährde die finanzielle Gesundheit» der Anleger.
Exemplarisch seien hier vier (von 18) Fehlern aufgeführt, die es zu vermeiden gelte: Orientierung an historischen Renditen (sie haben keinen Prognosewert!); Unterschätzung der Nebenkosten (zusätzlich zur TER verlieren Anleger nochmals ca. 2% p.a. durch häufiges Traden und durch nicht ausgewiesene Kosten); Glauben an Kursprognosen und Mega- Trends; Praktizieren aktiver Anlagestrategien wie Stock Picking und Market Timing.
Warum ist denn das «Guru-Investing» immer noch so populär? Fondsmanager, Analysten und Finanzjournalisten sind auf den Glauben an ineffiziente Wertpapiermärkte angewiesen… Die Finanzindustrie wertet Produktprovisionen höher als den Anlegernutzen und die Medien machen sich zu Komplizen, weil sie die Werbeeinnahmen höher gewichten als ihre Seriosität. Zur Desinformation kommt auch noch das Verhalten des Anlegers, sein Knowhow und seine Psyche (Selbstüberschätzung, Gier, Neid, Ungeduld, Bequemlichkeit, Gutgläubigkeit). Die Lebensregel, dass Fachwissen, Talent und harte Arbeit zum Ziel führe, gilt im Anlagebereich nicht, hier gewinnt die «Nichtstun-Philosophie».
Der Autor geht noch auf diverse weitere spannende Themen ein wie mathematische Tricksereien, «Gratis-Beratung» und Finanzmythen, für die allein sich diese Lektüre lohnen würde. Gerd Kommer deckt auf, unterlegt alle Aussagen mit Fakten und empfiehlt daher, einen evidenzbasierten Ansatz zu wählen. Dass er gegenüber der Finanzindustrie und Medien hartes Geschütz auffährt, ist nachvollziehbar und verdienstvoll.
Der Autor wünscht sich, dass sein Fachbuch den Privatanleger dazu befähigen soll, seine Investmentstrategie zu überdenken und selbstan die Hand zu nehmen. Aus Sicht des Praktikers bleibt das wohl Wunschdenken – es mag aber dem fortbildungswilligen Finanzplaner helfen, zu neuen Einsichten zu kommen und seine Dienstleistung neu auszurichten. Dieses Buch gehört gelesen und ist eine klare Empfehlung, die Sie im 2018 weiterbringt!
© Reto Spring
Dipl. Finanzplanungsexperte NDS HF, CFP®
Präsident Finanzplaner Verband Schweiz, Zürich
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